Archiv für den Monat: November 2009

Europe & Gotthard

Aktuell sind Gotthard zusammen mit Europe auf Tour. „Europe – die gibts noch?“, war die allgemeine Reaktion auf diese Feststellung. Ja, es gibt sie noch, oder besser: Es gibt sie wieder, seit Europe 2004 ein neues Album veröffentlicht haben. Dass Gotthard auch durchaus hörbar sind, wusste ich noch von letztem Jahr, wo ich die Schweizer auf dem Magic-Circle-Festival und als Vorband für Deep Purple erleben durfte – also: nix wie hin.

Gelohnt hat es sich allemal. Europe-Sänger Joey Tempest sieht zwar nicht mehr aus wie zwanzig (was zu verzeihen ist, denn er ist es ja auch nicht mehr) und er erreicht nicht mehr die Höhen von damals. Abgesehen davon hat die Band aber nicht verlernt, was es heißt guten Hardrock darzubieten. Nach über einer Stunde Europe standen Gotthard auf der Bühne. Nachdem ich die Truppe ja nun schon zweimal erlebt habe musste ich feststellen: So gut wie dieses Mal war es noch nicht. Die Menge tobte und die Band hatte ganz offensichtlich auch ihren Spaß. Sicher nicht nur mein persönlicher Höhepunkt war übrigens ein Trommelduel zwischen dem Sänger Steve Lee und dem Drummer Hena Habegger. Ich war wirklich erstaunt, wie gut Steve mit diesem Werkzeug umzugehen wusste, hatte ich ihn doch bisher nur am Mikro erlebt.

Europe

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Gotthard

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Musik zwischen den Welten

Was passiert, wenn sich Folk-Rocker Benni „Cellini“ Gerlach (Letzte Instanz) und Anna Katharina Kränzlein (Schandmaul) auf ihre ruhigeren Wurzeln besinnen und Soloprojekte verfolgen? Nichts anderes, als Musik vom Feinsten.

Benni Gerlach am E-Cello, der zusammen mit Karl Helbig am Saxophon das Duo Land Über bildet, gaben am Freitag den musikalischen Auftakt zu einem wunderschönen Abend. Ihr ruhige, sphärische Musik, die sie selber als „Minimentalimpromantik“ bezeichnen, entführte das Publikum in weit entfernte Welten und andere Zeiten. Das Ziel, Musik zu schaffen, die gänzlich ohne Rhythmus auskommt, haben sie zwar, wie Benni während des Abends selber feststellte, nicht ganz erreicht, aber eines haben Sie geschaffen und gespielt: Musik für die Seele. Und das spürte und dankte das Publikum mit tosendem Applaus.

Nach einer kurzen Umbaupause, in der die beiden Jungs von Land Über schnell gemerkt haben, dass sie sich bei der Anzahl der mitgebrachten CDs arg verschätzt haben, denn sie gingen weg „wie warme Semmeln“, ging es über zum zweiten Teil: Das für Anna Katharina Kränzlein die Violine kein Fremdwort ist, zeigt die diplomierte Geigerin ja schon in der Mittalalter-Rockband „Schandmaul“. Solo hat sie aber die Möglichkeit, zu zeigen, was sie wirklich kann – und die hat sie genutzt. Zumindest das Publikum der Dreikönigskirche weiß nun, dass sich Anna Katharina nicht hinter bekannten Größen wie Nigel Kennedy oder David Garrett verstecken muss und die Beschreibung „virtuos“ durchaus nicht geprahlt ist. Unterstützt von Michael Ende am E-Bass und Specki T.D. (beide auch von der Letzten Instanz) spielte sie sowohl bekannte klassische Stücke als auch Eigenkompositionen. Neben Geige und Drehleier wusste Anna Katharina auch von ihrer Stimme Gebrauch zu machen und gab auch gesanglich zwei Lieder zum Besten, darunter auch eines aus dem 13. Jahrhundert.

Nach über zwei Stunden Musik für Ohren und Seele wurde das Publikum unter stehenden Ovationen nach Hause entlassen, abermals mit der Gewissheit, dass es sich auch durchaus lohnen kann, abseits der bekannten Sachen zu lauschen.

Land Über …

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… und Anna Katharina & Band…

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Die hässlichen Kinder

Wieder einmal Danke an Anja für den Bericht:

Schelmish macht kein Geheimnis darum, dass die Presse ihnen egal ist und dass sie ohnehin ihr Ding machen. Nein, in Liedern wie „Herr Niemand“ oder „Boulevard“ zeigen sie diesen „Schreiberlingen“ sogar den Stinkefinger. Nun habe ich ein Problem: Ich mag Schelmish sehr, fand das Konzert klasse und würde mich trotzdem freuen, auch einmal in einem Lied vorzukommen. Was tun? Ich werde mich wohl damit abfinden müssen, dass ich vorerst keinen Platz in den Songtexten finden werde, denn das Konzert war einfach „Hey yeah woah nanana, Hey nananana yeah“.

Glücklicherweise hatte es bei der Tour zum neuen Album „Die hässlichen Kinder“ endlich geklappt und so verschlug es die Schelme nach Dresden in die Scheune. Mit dabei hatten sie „Alle im Schrank“, die ich schon in Gera als Vorband der Schelme erleben durfte. Mit Duschhauben auf dem Kopf sangen sie eigene Lieder und coverten querbeet durch Elvis, A-ha, Britney Spears und Dschungelbuch. Vor allem die chaotisch-geniale Stimme von Sänger Christoph, der nach eigener Aussage zum ersten Mal in Dresden war (und nun auch weiß, was „nu“ bedeutet), schien das Publikum schien in Be- und Entgeisterte zu spalten.

Als Schelmish die Bühne betraten waren sich dann aber wieder alle einig: Bereits beim ersten Stück „Die hässlichen Kinder“ zeigte das Publikum, dass es seine Hausaufgaben gemacht hatte, denn obwohl das neue Album vor noch nicht einmal einer Woche erschienen war, konnten viele mitsingen. Aber nicht nur die Lieder waren neu: es hatten sich auch zwei neue Gesichter unter die Schelme gemischt. Die Erklärung dazu lieferte Band-Papa Dextro: Gitarrist Daniel San und Bassist Hai hatten die Band verlassen und deshalb musste schnell Ersatz gefunden werden, um die Tour nicht zu gefährden. Dass schneller Ersatz aber nicht immer nur eine Notlösung sein muss, konnten wir Fans bei diesem Konzert erleben: Am Bass hatte sich Patrick eingefunden, der als Ex-Mitglied bei Tanzwut/Corvus Corax vielen bekannt war. Aber auch (der zumindest mir bisher unbekannte und sehr jugendlich aussehende) Sascha war wohl ein Glücksgriff: Er hatte nur 3 Tage vor dem Tourstart zugesagt, wenig Zeit zum Proben und war laut Dextro vor den Konzerten immer wahnsinnig aufgeregt, entwickelte sich aber zunehmend zu einer regelrechten „Rampensau“.

Wie erwartet war das Konzert nicht nur ein Konzert zum neuen Album, sondern eher ein „Best of Rock“-Konzert, denn auch Stücke aus den Alben „Mente Capti“ und „Wir werden sehen“ mischten sich unter die neuen Lieder. Dazwischen unterhielten die Schelme mit gewohnt frechen Ein- und Überleitungen und zeigten wieder einmal, dass es sich lohnt, sie live zu erleben. Deshalb war es für die Band auch kein Problem, als bei „For the Clansmen“ der Strom für die Instrumente ausfiel: Patrick griff sich die Davul und Sascha zeigte an der Darbuka, dass er kein Schlagzeuger, dafür aber unterhaltsam ist.

Abschließende Gedanken: Die neuen Lieder klingen live mindestens genauso fantastisch, wie die älteren. Die Schelme sind immer wieder eine Garantie für fantastische Abende. Donnerstag-Abende scheinen nicht so gut zu sein, wenn man vor einem vollen Haus spielen will. „Alle im Schrank“ mag nicht jeder, aber ich – und das reicht mir.

Und hier die Bilder: Alle im Schrank …

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… und Schelmish

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