Ich hoffe, Ihr hattet alle ein genauso wunderschönes Weihnachtsfest, wie ich. Wir sind nun vollgefressen und wieder zu Hause.
Der heutige Beitrag hat zwar nur wenig mit Fotografie zu tun, obgleich es trotzdem etwas zu sehen gibt. Die Abende der letzten Monate verbrachte ich größtenteils in meinem Hobbykeller Arbeitszimmer mit der wahnwitzigen Schnapsidee im Hinterkopf einen Schwibbogen zu bauen. Abgesehen von der Grundform (einem Lichterbogen) sollte er allerdings nicht viel mit dem ergebirgischen Original zu tun haben, sondern eher maritim angehaucht sein. Der wahnwitzige Teil dieses Gedankens war wohl das Herzstück des Bogens: ein Buddelschiff. Dass ich weder das eine, noch das andere je zuvor versucht habe, bedarf sicher keiner weiteren Erwähnung.
Das wichtigste zuerst: Irgendwie hat es tatsächlich geklappt und bei uns steht nun der vermutlich seltsamste Schwibbogen der Nachbarschaft…
Sicher hat sich jeder, der schonmal ein Buddelschiff in Natura gesehen hat, gefragt, wie so ein Schiff denn die Flasche kommt. Das Rätsels Lösung ist überraschend einfach und nimmt doch nichts von der Faszination an sich. Dass die Lösung auch nur in der Theorie wirklich einfach ist, habe ich auch festgestellt, denn so einfach der Trick an sich sein mag, in der Flasche arbeiten lässt es sich mit meinen dicken Wurstfingern durch einen 20 cm langen, dünnen Flaschenhals eben doch nicht, aber dazu später mehr.
Der Trick bei einem Buddelschiff ist, in aller Kürze, die Masten klappbar zu befestigen. Damit lässt sich das Schiff „zusammengefaltet“ in die Flasche schieben und anschließend an langen Bindfäden wieder aufstellen. Der Bau beginnt immer mit der Flasche, denn das Schiff wird üblicherweise an die Größe der Buddel angepasst. (Wer gute Beziehungen zu einem Flaschengroßhandel hat, kann es auch gerne andersherum versuchen, so ist es aber sicher am einfachsten.)
Hat man eine schöne Flasche und damit eine Vorstellung, wie groß das Schiff sein darf, wird aus einem Stück Holz der Rumpf geschnitzt – in meinem Beispiel jahrelang durchgetrocknete, echte deutsche Eiche. Die ist so hart, die widersteht mit Sicherheit jedem Seegefecht und größtenteils auch meinen sogenannten Schnitzkünsten. Die Masten und Spieren bestehen aus Zahnstochern. Da hier die gesamte restliche Takelage befestigt wird, war die nächste Aufgabe, Löcher in die Zahnstocher zu boren. Da mir Herr Google auf die Frage, womit man denn am besten einen Zahnstocher durchbort immer nur vorschlagen wollte, wie toll man Tomaten und Gurkensandwitches mit Zahnstochern durchboren kann, und alle meine Borer mindestens genauso dick waren, wie die Zahnstocher, die ich durchlöchern wollte, musste ich mir etwas überlegen. Einige Bäume Verschnitt später hatte ich aber tatsächlich ein paar Zahnstocher mit Löchern, bei denen jede Nähnadel vor Neid erblassen würde. Noch ein wenig Fummelarbeit, ein paar gekonnte Seemannsknoten und man konnte schon fast erahnen, was es mal werden soll. Bis zu diesem Zeitpunkt ist am gesamten Schiff übrigens kein Tropfen Kleber zu finden…
Der nächste Schritt war vergleichsweise einfach: Die Segel mussten angeschlagen werden. Handelsübliches Druckerpapier ist dafür wie geschaffen. Für die Färbung habe als Teetrinker dann sogar die Kollegen mal um einen Schluck Kaffee angepumpt.
Das Schiff ist damit quasi fertig. Da ich die Naturfärbung des Eichenholzes mochte, habe ich mich entschieden, es nicht noch anzumalen. Bevor nun das Schiff in die Buddel kommt, muss aber das Wasser in die Flasche. Dafür stellt der Bastelbedarf schöne blaue Modelliermasse bereit, die „nur“ noch in die Flasche muss. Nun erwähnte ich vorhin schon den langen Flaschenhals. Jeder, der schonmal mit dem Finger in einer Flasche herumgekiekelt hat und dann den Finger nicht mehr herausbekam, weiß, das ist gar nicht so einfach… Der Fahrradhandel bietet aber auch hierfür präzise Buddelschiffwerkzeuge an – auch als „Fahrradspeichen“ bekannt. Diese Speichen sind lang genug, um die Modelliermasse in der Buddel zu einer (mehr oder weniger) stürmischen See verarbeiten zu können. Mit einem Pinsel noch ein paar weiße Schaumkrönchen aufgemalt und es ist Zeit für den Stapellauf.
Das Schiff wird nun vorsichtig zusammengeklappt (dabei möglichst die Segel nicht knicken) und in den Flaschenhals geschoben. Ein letzter prüfender Blick, ob alles dran ist – einmal in der Flasche bekommt man das Schiff sicher nicht mehr gut raus – und rein damit!
Nun das Schiff ordentlich in die Mitte bugsieren, festhalten und die Masten aufstellen. Mist, warum ist da immer dieses Glas im Weg? Ach ja, dafür gab es ja die Speichen…
Nach der ersten Freude, dass das Schiff in der Buddel und beides noch heil ist, kam auch schon die nächste Hürde. Die Flasche läuft permanent von innen an! Die Modelliermasse soll ja trocknen und das Wasser muss irgendwo hin. Auf der Heizung steigt die Feuchtigkeit nach oben – und hat 20 cm Zeit, um am Flaschenhals wieder zu kondensieren und zurückzutropfen… Aber das wäre ja gelacht! Dann wird die Flasche eben fünf Minuten lang mit dem Fön bearbeitet. Dachte ich. Wie die gefühlten fünf Liter Wasser in diese Modelliermasse passen, weiß ich nicht, aber auch eine halbe Stunde föhnen hat nicht viel gebracht. Was macht also der Informatiker? Er buddelt im Schrank und findet ein altes PC-Netzteil und einen Lüfter. Das ganze stellt er so ins Fensterbrett, dass der Lüfter immer fleißig frische, trockene Luft von oben in die Flasche pustet und damit für einen permanenten Austausch sorgt. Nach einer Woche (!) war die Buddel endlich trocken und konnte in den Schwibbogen eingesetzt werden.
Eine sehr gute Anleitung und Hilfe zum Buddelschiffbau habe ich übrigens auf der Seite von Walter Marbes gefunden. Danke an dieser Stelle nochmal dafür!